Der Einladung der DSTG Berlin folgten viele politische und gewerkschaftliche Entscheidungsträger*innen. Neben dem Berliner Finanzsenator Daniel Wesener (Bündnis 90/Die Grünen), waren auch Vertreter und Vertreterinnen der Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses anwesend. So gehörten Andre Schulze (Bündnis 90/Die Grünen), Sebastian Schlüsselburg (Die Linke), Kai Wegner (CDU) und Sebastian Czaja (FDP) zu den Gästen. Auch konnte die DSTG Berlin den amtierenden DSTG-Bundesvorsitzenden Florian Köbler, den dbb-Berlin-Chef Frank Becker und viele Gäste begrüßen.

Der neu gewählte DSTG-Landesvorsitzende Oliver Thiess legt in seiner Rede anlässlich der Öffentlichen Kundgebung den Finger in die Wunde. Personalmangel, mangelnde technische Ausstattung und problematische Gesetze verhindern einen gerechten Steuervollzug. Es ist laut Thiess nicht nachvollziehbar, warum 14 Jahre nach Einführung einer Entbehrungsquote diese immer noch bei der Personalbedarfsberechnung berücksichtigt wird und diese damit den tatsächlichen Arbeitsanfall nicht berücksichtigt. Thiess fordert die Politik auf „umgehend ein Reparaturgesetz zur Wiederherstellung einer verfassungsmäßigen Besoldung“ zu erlassen. Zudem müsse man endlich den öffentlichen Dienst attraktiver gestalten. Dazu gehören laut dem Chef der DSTG Berlin, die modernes Laufbahnrecht, die Anhebung der Eingangs- und Endämter sowie einen einfacheren Wechsel zwischen den Laufbahngruppen. Einen Fokus legte Thiess in seiner Rede auch auf die problematische Situation bei der Software und der IT-Ausstattung der Berliner Finanzverwaltung. Er erinnerte dabei an die lange Dauer bis endlich ein ordentliches Office-Programm verwendet werden konnte oder die schwierige Einführung von UNIFA/EOSS. „Noch immer sind die Konsens-Produkte nicht ausreichend genug auf die Berliner Bedürfnisse zugeschnitten. Noch immer ist der Flickenteppich der einzelnen, nicht miteinander kompatiblen Programme zu groß“, so Thiess. Auch kritisiert er die Einführung von Programmen, die statt einer Arbeitserleichterung nur Mehrbelastungen produzieren.

Die aktuelle Grundsteuerreform stellt, laut Thiess, die Berliner Finanzverwaltung ebenfalls vor große Herausforderungen. Vor Allem bemängelt er die nur für drei Jahre angedachte Einstellung von Quereinsteigenden. „Hier ist die Senatsverwaltung gut darin beraten diesen Kolleginnen und Kollegen eine dauerhafte Perspektive zu bieten, die Verträge zu entfristen und Qualifizierungsmöglichkeiten zu schaffen. Denn die Finanzämter sind dringend auf sie angewiesen,“ stellt Thiess fest.

Der Finanzsenator griff die Worte des Landesvorsitzenden auf. Die Grundsteuerreform sei eine Herausforderung für öffentlichen Dienst, Steuerberater*innen und Bürger*innen. Er halte sich bezüglich der aktuellen Zahlen auf dem Laufenden und sehe ebenfalls, dass weitere Konsequenzen notwendig seien. Er nahm einen Teil der Forderung der DSTG Berlin auf und gab an, dass Quereinsteigende bei entsprechender Eignung von befristeten Stellen auf unbefristete Stellen umgesetzt werden sollen.  Er selbst sehe, dass die 3-jährige befristete Einstellung zu kurz sei, um die anfallenden Arbeiten zu erledigen. Wesener habe zudem als großes Ziel, die Ausbildungszahlen weiterhin auf hohem Niveau zu halten, um den hohen Bedarf an Nachwuchskräften zu decken. Dafür müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Er, so wie alle ein Grußwort haltenden Politiker, dankten der DSTG Berlin und der Berliner Finanzverwaltung für ihre Arbeit.

Der Grünen-Politiker Schulze verwies auf das Vorhaben seiner Partei, zukünftig mehr Wohnraum auch für Finanz- und Steueranwärter*innen schaffen zu wollen und sprach zeitgleich die Einladung an die DSTG Jugend Berlin zu einem gemeinsamen Austausch aus. Das Finanzamt Berlin International (kurz: FABI) bezeichnete er als „finanzpolitischen Leuchtturm“. Auch Wesener hob die Gründung eines speziellen Finanzamtes für beschränkt Steuerpflichtige hervor und ging dabei auch auf die Möglichkeit der Nutzung von modernen Raumkonzepten ein.

Sebastian Czaja (FDP) legte in seinem Grußwort den Fokus auf den notwendigen Kampf gegen Steuerhinterziehung. Auch habe seine Partei erkannt, dass die Gewerkschaften zu wenig Gehör fänden, deshalb wolle man die bisher zu kurzfristigen Anhörungsverfahren verlängern.

Sebastian Schlüsselburg von den Linken erkannte an, dass seine Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode positive personalpolitische Vorhaben nicht umsetzen konnte und bat dafür um Entschuldigung. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Kai Wegner befürwortete in seiner Rede die Forderung der DSTG Berlin nach einer Rückholung der Ausbildung nach Berlin. Auch müsse das Land Berlin als Arbeitgeber attraktiver werden. Wertschätzung spüre man vor allem im Geldbeutel.

Der dbb-Landeschef Frank Becker nutzte die Gelegenheit auf ein weiteres dringliches Problem im öffentlichen Dienst aufmerksam zu machen. So seien Beschäftigte weiterhin häufig Opfer von Gewalt. Dazu habe der dbb berlin, der DGB und der Berliner Senat 2021 eine Grundsatzerklärung unterzeichnet. Diese müsse nun mit Maßnahmen unterfüttert werden. Dazu erarbeite der Hauptpersonalrat derzeit eine Rahmen-Dienstvereinbarung zu deren Umsetzung auch Finanzmittel und die Unterstützung des Parlaments nötig werden. Den Planungen der Berliner Politik auf Anhebung der Altersgrenze auf 67 erklärte er eine Abfuhr, solange Berlin nicht endgültig eine verfassungsmäßige Besoldung und das Niveau der anderen Bundesländer erreicht habe.

Wertschätzende und dankende Worte richtete auch der DSTG-Bundesvorsitzende Florian Köbler an die neu gewählte Landesleitung. Besonders hob er dabei auch die Arbeit und Leistung des nun Ehrenvorsitzenden Detlef Dames hervor. Zur aktuellen Grundsteuerreform betonte er, dass man die Verwaltung nicht für die Fehler der Politik haftbar machen kann. Es dürfe keine Schuldzuweisungen geben. Den aktuellen Ideen zu einer Home-Office-Pflicht zur Energieeinsparung in den Behörden erteilte er eine klare Absage. Die DSTG befürworte zwar moderne und flexible Arbeitsmodelle, jedoch dürfe diese nicht gegen den Willen der Beschäftigten gehen und die soziale Komponente von Arbeit und Austausch außer Acht lassen. Die Kosten der Energiekrise dürfe nicht alleine auf den Schultern der Kolleg*innen lasten.

Den Abschluss der Öffentlichkeitsveranstaltung nutzte Ehrenvorsitzende Detlef Dames um Wegbegleiter*innen und Freund*innen zu danken.