Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Grundsteuerreform ist zurzeit das beherrschende steuerliche Thema in der öffentlichen Debatte. Und besonders die Berliner Steuerverwaltung stellt sie vor große Herausforderungen. Auf eine dramatisch unterbesetzte Verwaltung und einen in der Vergangenheit insbesondere in technischer und organisatorischer Hinsicht sträflich vernachlässigten Bereich der Finanzämter kommt nun eine Mammutaufgabe zu. Rund 890.900 Fälle sind berlinweit im Zusammenhang mit der Grundsteuer zu bearbeiten. Da hätte eigentlich erwartet werden können, dass der Dienstherr hier alle Hebel in Bewegung setzt, um die Kolleginnen und Kollegen in den Bewertungsstellen bei dieser Aufgabe zu unterstützen, wie z.B. Informationsschreiben an die Steuerbürger, wie es alle anderen Bundesländer auch gemacht haben, eine Unterstützung beim Ausfüllen der Grundsteuerwerterklärung durch Mitteilung der dem Finanzamt bekannten Daten, die Ausweitung der Bearbeitung von Anrufen zur Grundsteuerreform durch den Telefonservice des ITDZ, eine zentrale Schulung der Quereinsteigenden zu allen in der Praxis erforderlichen Themen bzw. zumindest Bereitstellung eines einheitlichen Fortbildungsplans für die Finanzämter und die rechtzeitige Bereitstellung der notwendigen IT-Programme zum 01.07.2022 und Sicherung der Funktionalität der Anwendungen. Es gäbe so viele Möglichkeiten, aber wenig ist passiert. Jedenfalls bis zum Beschluss der Finanzminister zur allgemein gewährten Fristverlängerung zur Abgabe der Grundsteuerwerterklärung bis zum 31.01.2023. Der am 07.12.2022 anberaumte „Grundsteuertag“ konnte sicher die oben genannten Defizite bei der Information der BürgerInnen ein wenig abschwächen. Aus unserer Sicht kam er jedoch deutlich zu spät und vor allem zu kurzfristig, um eine große Bevölkerungsschicht zu erreichen. Das hohe Engagement in den Finanzämtern verpufft, wenn zu wenige BürgerInnen von einem solchen Angebot erfahren. Gerade bei dem Thema Grundsteuer muss die Öffentlichkeitsarbeit der Senatsverwaltung zielgruppenorientierter werden. Natürlich war auch die Einstellung von Quereinsteigenden sinnvoll. Ob die etwas mehr als 100 neuen KollegInnen gemeinsam mit den schon bisher in den Bewertungsstellen Tätigen jedoch den erheblichen Arbeitsaufwand, den diese große Reform mit sich bringt, vollständig auffangen können, wird abzuwarten bleiben. Eines ist jedoch sicher: Wenn die IT-Programme wie in den letzten Wochen nicht reibungslos und vor allem nicht mit der nötigen Performance laufen, werden alle Anstrengungen der KollegInnen nicht zum Ziel führen können. Hier müssen Senatsverwaltung und TFA all ihre Möglichkeiten ausschöpfen und auch den Druck auf die programmierenden Länder hochhalten. Die DSTG fordert daher, die Finanzämter jetzt nicht allein zu lassen.

Aber gewerkschaftliche Arbeit ist mehr als Forderungen zu stellen. Sie bedeutet auch viele Gespräche zu führen. Mit der Verwaltung und der Politik. Nachdem wir uns im Laufe dieses Jahres bereits mit den Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90 / Die Grünen und CDU im Abgeordnetenhaus getroffen haben, führten wir dieses Mal ein Gespräch mit den Fachpolitikern der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Weiterer Austausch mit der SPD-Fraktion und der Fraktion Die Linke sind bereits geplant und terminiert. Gerade diese Gespräche mit den ExpertInnen der Parteien sind uns sehr wichtig, um den Fokus des Berliner Abgeordnetenhauses auch auf die Probleme und Herausforderungen in der Berliner Steuerverwaltung zu richten. Denn eine gut ausgestattete Steuerverwaltung wird auch über den Haushaltsgesetzgeber geregelt. 

Und als Fachgewerkschaft der Finanzverwaltung begutachten wir natürlich auch die aktuellen Gesetzesvorhaben. Diesmal hat der DSTG-Bundesvorsitzende Florian Köbler im Finanzausschuss des Bundestages zum geplanten Jahressteuergesetz 2022 Stellung genommen.

Aber auch die Basisarbeit ist sehr wichtig. So konnte sich die Landesleitung der DSTG bei vielen Bezirksgruppenversammlungen in den Finanzämtern direkt mit den KollegInnen über die Schwierigkeiten vor Ort austauschen. Aus diesen Treffen nehmen wir immer viele Anregungen für unsere Arbeit als Interessenvertretung mit. Die DSTG-VertreterInnen in den Finanzämtern wissen, was bei ihnen los ist und wo die KollegInnen bei ihnen der Schuh drückt. 

Für die DSTG gilt: Gewerkschaft hat für die Beschäftigten direkt ansprechbar zu sein, und nicht nur eine Stimme am Telefon.

Liebe Grüße

Oliver Thiess