Liebe Kollegin, lieber Kollege,

die Testungen aber auch die Impfungen in den Finanzämtern nehmen Fahrt auf. Begleitet werden sie von merkwürdigen Äußerungen und Entscheidungen der Senatsverwaltung für Finanzen. In den Berliner Finanzämtern war man mehr als irritiert als die Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) mal eben so nebenbei die Behauptung aufstellte, dass nicht die Senatsverwaltung, sondern die Amtsleiter/innen der Finanzämter Arbeitgeber seien und damit eigenverantwortlich die Testungen vor Ort regeln sollten.

Nun ist aber doch jedem hinlänglich bekannt, dass Arbeitgeber nur sein kann, wer für seinen Bereich umfassende Entscheidungs- und Haushaltskompetenz hat. Diese beiden Kompetenzen liegen jedoch eindeutig bei der Oberbehörde und nicht bei den Finanzämtern. Das brachte auch die Senatsverwaltung selbst zum Ausdruck, indem sie den Amtsleitungen die Anweisung gab, aus Kostengründen nicht mehr bei den Testungen auf die Apotheken zurückgreifen zu dürfen. Bei den Impfungen ließen sie dagegen gar keinen Zweifel an der Zuständigkeit der Oberbehörde, indem sie die Finanzämter davon in Kenntnis setzten, dass die Impfungen zentral von der Charité durchgeführt werden und von Einzelanfragen bei der Charité abzusehen sei. Auch die Regelungen im Rahmen von Shared Service lassen eindeutig den Schluss zu, dass die Oberbehörde Arbeitgeberfunktion hat und im Juni 2013 lediglich Aufgabenverlagerungen von SenFin an das Landesverwaltungsamt bzw. an die Finanzämter vorgenommen wurden. Die falsche Behauptung zur Arbeitgeberfunktion und die nicht konsequente Umsetzung, lassen nur den Schluss zu, dass sich die Oberbehörde der aufwendigen Umsetzung von Maßnahmen zu den Testungen entziehen wollte. Aber: Arbeitgeber ist und bleibt die Senatsverwaltung für Finanzen, die sich ihrer Verantwortung nicht entziehen kann.

Auch im Zusammenhang mit den geplanten Impfungen reißen die Merkwürdigkeiten seitens der Senatsverwaltung für Finanzen nicht ab. Mit Schreiben an die Finanzämter werden die Amtsleiter/innen aufgefordert, 9% der Dienstkräfte für die Impfungen auszuwählen. Hierbei soll auf das „besonders relevante Personal“ zugegriffen werden, worunter nach § 4 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b der Corona-Impfverordnung das in Schlüsselpositionen tätige Personal der Dienststelle zu verstehen ist. Eine Beteiligung der örtlichen Personalräte hält die Senatsverwaltung für Finanzen nicht für erforderlich, „da es sich nicht um eine Maßnahme des allgemeinen Gesundheitsschutzes handelt, sondern eine unternehmensstrategische Entscheidung ist, die die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen hat.“ Die Priorisierung der Aufgabenstellung der Verwaltung und Identifizierung des dafür unabdingbar notwendigen Personals sei damit der Dienststellenleitung vorbehalten und entsprechend mitbestimmungsfrei. Nur weil sich die Verwaltung kreative Wortschöpfungen wie „unternehmensstrategische Entscheidung“ einfallen lässt, werden Regelungen des Personalvertretungsgesetzes nicht außer Kraft gesetzt. Mit den Impfungen werden „Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen“ für 9 % der Dienstkräfte getroffen, die einen Mitbestimmungstatbestand nach § 85 Abs. 1 Nr. 7 des Personalvertretungsgesetzes auslösen. Da hier auch noch zusätzliche Regelungen für die übrigen 91% der Beschäftigten getroffen werden, handelt es sich insgesamt um Regelungen der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Dienstkräfte, die einen Mitbestimmungstatbestand nach § 85 Abs. 1 Nr. 6 des Personalvertretungsgesetzes darstellen.

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft kann nur jedem Personalrat anraten die entsprechenden Beteiligungsvorlagen einzufordern. Wir wollen nicht hoffen, dass künftig noch weitere Mitbestimmungstatbestände des Personalvertretungsgesetzes ausgehebelt werden sollen, wenn die Senatsverwaltung für Finanzen darin eine „unternehmensstrategische Entscheidung sieht, die die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen hat“. Es kommt nicht darauf an wie man eine Maßnahme bezeichnet, sondern was eine Maßnahme bewirkt und welcher Tatbestand des Personalvertretungsgesetzes damit erfüllt wird. Weiterhin sollen nach den Vorstellungen der Senatsverwaltung für Finanzen Dienstkräfte über 60 Jahre oder Dienstkräfte mit einer für das Coronavirus relevanten Vorerkrankung bei den 9% nicht berücksichtigt werden, da diese bereits eine Impfberechtigung auf Grund des Alters oder der Erkrankung haben.

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft weist die Dienstkräfte ausdrücklich darauf hin, dass niemand zu einer Offenbarung einer eventuell vorhandenen Vorerkrankung verpflichtet ist. Der Dienstherr darf eine Offenlegung nicht verlangen, sondern hat sich hier an die Regelungen des Datenschutzes und der Unverletzbarkeit der Persönlichkeitsrechte zu halten. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft wird weiterhin die Rechte der Beschäftigten und der Beschäftigtenvertretungen im Auge behalten.

Mit kollegialen Grüßen

Ihr Detlef Dames