Liebe Kollegin, lieber Kollege,


die Tarifverhandlungen sind in vollem Gange und lassen schon jetzt erkennen, dass sie langwierig und mit wenig Wertschätzung seitens der Arbeitgeber geführt werden. Gerade in Zeiten der Pandemie hat sich der öffentliche Dienst als krisenresistent und systemrelevant gezeigt. Den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land war und ist diese durchaus bewusst und zeigte sich insbesondere für das besonders belastete Pflege- und Krankenhauspersonal im kollektiven Beifallklatschen an mehreren Abenden jeweils um 19.00 Uhr. Daraus resultierte die legitime und berechtigte Forderung der Gewerkschaften, die Tabellenentgelte um 5 v. H. – mindestens jedoch um 150 Euro monatlich zu erhöhen. Für Beschäftigte in der Pflege soll die Erhöhung mindestens 300 Euro monatlich betragen.

Die Erwiderung des Niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers, gleichzeitig der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL), lässt aber erkennen, dass er den öffentlichen Dienst nur als Ausgabenquelle sieht und hinsichtlich Status und Bedeutung im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen oder Institutionen ganz weit hinten verortet. Einerseits betont er, dass der öffentliche Dienst eine wichtige Aufgabe erfüllt und Wertschätzung verdient, die bei der Bezahlung zu berücksichtigen sei, andererseits die Pandemie die Länder nicht nur gesundheitspolitisch, sondern auch finanziell hart getroffen habe. So habe man große Ausgaben getätigt, um das Gesundheitswesen zu stärken, die Wirtschaft zu stützen, Kommunen unter die Arme zu greifen und den Bürgern zu helfen. Gleichzeitig würden strukturelle Mindereinnahmen auf die Länder zukommen. In diesen Krisenzeiten – so Hilbers – bleibt wenig Spielraum für Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst. Da fragt man sich dann schon, ob Herr Hilbers den Schuss nicht gehört hat. Allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wird finanziell unter die Arme gegriffen, dem systemrelevanten öffentlichen Dienst nicht? Ist ihm verborgen geblieben, dass Krankenhaus- und Pflegepersonal schon vor der Pandemie und erst recht während der Pandemie heillos überlastet war? Viele Beschäftigte haben in diesem Bereich wegen der zu hohen Arbeitsbelastung und gleichzeitiger Unterbezahlung ihren Beruf aufgegeben und haben sich anderweitig orientiert. Ist ihm weiterhin entgangen, dass auch alle anderen Bereiche des öffentlichen Dienstes in der Vergangenheit durch personellen Abbau zu Tode ge-spart wurden? Bürgerzufriedenheit ist stark an einem funktionierenden öffentlichen Dienst gekoppelt. Ein finanziell attraktiver öffentlicher Dienst mit einer ausreichen-den Personalausstattung ist Garant für ein funktionstüchtiges Gesundheitswesen, für eine florierende Wirtschaft und sorgt für Bürger, die sich in ihrem Land sicher fühlen. Wenn alles dieses wie-der als Kernkompetenzen der Länder für das öffentliche Leben gesehen wird, sind sprudelnde Steuermehreinnahmen auch wieder die logische Folge.
Das Ignorieren der höchsten Inflationsrate seit 1933, die ultimative Forderung nach einer negativen Veränderung beim Thema Arbeitsvorgang führen im Verbund mit keinem Verhandlungsangebot seitens der Arbeitgeber zu einer satten Minus-runde. Es grenzt daher an Sarkasmus und ist ein eindeutiges Zeichen von Missachtung, wenn der Vorsitzende der TdL äußert: „Keiner will den Beschäftigten in die Tasche greifen.“
Genau das ist aber offensichtlich die unverhohlene Absicht. Dbb beamtenbund und tarifunion und die Deutsche Steuer-Gewerkschaft werden alle Möglichkeiten wie Demonstrationen und Streiks nutzen, um einen gerechten Tarifabschluss und dessen zeitgleiche und systemgerechte Übertragung auf den Beamtenbereich zu erreichen. Wir brauchen aber dazu die Unterstützung aller Beschäftig-ten. Beteiligen Sie sich an den Veranstaltungen der Gewerkschaften, zeigen Sie Rückgrat, zeigen Sie Flagge.


Mit kollegialen Grüßen

Ihr Detlef Dames