Liebe Kollegin, lieber Kollege,

der Senat hat in seiner Sitzung am 08.09.2020 beschlossen die Hauptstadtzulage wie geplant für alle Beschäftigtengruppen einzuführen und das auch ohne Zustimmung der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL). Mit welchen Konsequenzen gilt es abzuwarten. Die allen Beschäftigten schon seit 2019 versprochene Zulage – wohl auch im Hinblick auf die anstehenden Wahlen als Wahlkampfgeschenk gedacht – wuchs sich im Verlaufe der Zeit zu einer unendlichen Geschichte aus. Sie ist ein Beispiel für die dilettantische Vorbereitung der Landesregierung von Maßnahmen die beschlossen, aber handwerklich nur unzureichend vorbereitet werden. Schon recht früh hat die Deutsche Steuer-Gewerkschaft darauf hingewiesen, dass die Einführung der Hauptstadtzulage für die Angestellten im Land Berlin – als übertarifliche Zahlung – nur mit Zustimmung der TdL erfolgen kann. Da half es auch nicht, diese Zulage systemfremd in einem Beamtengesetz für Angestellte festzuschreiben. Die Zustimmung der TdL kann damit nicht ersetzt werden. Es fehlt einem auch die Fantasie, wie Berlin die TdL zu einer Zustimmung bewegen könnte. Das Land Berlin ist im horizontalen Finanzausgleich ein Nehmerland, möchte seinen Angestellten eine bessere Bezahlung als in den anderen Bundesländern zukommen lassen, die von den Geberländern im horizontalen Finanzausgleich letztendlich finanziert wird. Die bereits erfolgte Ablehnung der TdL erscheint daher zumindest verständlich. Letztendlich steckte jedoch die Landesregierung Berlin nicht nur in einem Dilemma gegenüber der TdL, sondern auch gegenüber den Beschäftigten im Land Berlin. Beamte und Angestellte verlangten zu Recht, dass die ihnen gegenüber getroffenen Versprechen auch eingehalten werden. Nur den Beamten die Hauptstadtzulage zu zahlen und den Angestellten diese vorzuenthalten, hätte jeglichem Gerechtigkeitssinn widersprochen. Die Änderung des Landesbeamtengesetzes einzukassieren und beiden Beschäftigtengruppen die Hauptstadtzulage nicht zu zahlen, wäre gleichbedeutend mit einem kompletten Wortbruch gegenüber allen Beschäftigten gewesen. Und eines wusste die Landesregierung: Die nächsten Wahlen kommen gewiss und die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes würden sich erinnern. Bei der nun avisierten Zahlung der Hauptstadtzulage ohne Zustimmung der TdL droht der Ausschluss aus der Tarifgemeinschaft der Länder. Ein Risiko, dass die Landesregierung offenbar eingehen musste, um nicht wortbrüchig zu werden und zu verhindern, dass ihnen die Rechnung von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei den Wahlen präsentiert wird. Vielleicht ist für viele Landespolitiker der Ausschluss aus der TdL sogar ein Szenario, das ihnen künftig angesichts der in Corona-Zeiten überschuldeten Landeshaushalte Handlungsspielräume eröffnen würde. Das Land Berlin wäre nicht mehr an die Übernahme der von der TdL ausverhandelten Tarifverträge gebunden, sondern würde eigene Tarifverhandlungen für das Land Berlin führen. Was es aber heißt, bei den Tarifverhandlungen von den Vorstellungen der Berliner Landespolitiker abhängig zu sein, haben die Angestellten in der jüngsten Vergangenheit erfahren, als Berlin schon einmal aus der TdL ausgeschlossen war und eigenständige Tarifverhandlungen führen durfte. Die Gehaltserhöhungen fielen sehr bescheiden aus. Die in der Folge für die Beamtinnen und Beamten vorgenommenen Besoldungserhöhungen waren nicht üppiger.

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft erwartet aber jetzt, dass die Berliner Landesregierung unverzüglich eine Lösung präsentiert, die einerseits die Zahlung der Hauptstadtzulage an alle Beschäftigtengruppen des Landes Berlin sicherstellt und andererseits die Mitgliedschaft des Landes Berlin in der TdL nicht gefährdet.

Wir werden uns als Deutsche Steuer-Gewerkschaft weiterhin in den Gestaltungsprozess einbringen und Sie auf dem Laufenden halten.

Mit kollegialen Grüßen,

Detlef Dames