DSTG Jugend: Sie sind stellv. Referatsleiter der Abteilung III K bei der SenFin. Damit wir Sie besser kennenlernen, würde uns Ihr Werdegang interessieren.

F.G.: Kurz nach meiner Ausbildung zum DiplomFinanzwirt war ich 1984 als Sachbearbeiter mit einem Ausbildungsplatz im FA Charlottenburg gestartet. Den Aufstieg in den höheren Dienst hatte ich im Anschluss an meine Dozententätigkeit an der Finanzschule Berlin und der Geschäftsführung der Finanzschule abgeschlossen. Danach führte mich mein Weg über das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen, das Finanzamt für Körperschaften III – hier insbesondere als Leiter der Umsatzsteuersonderprüfungsstelle – zum Finanzamt Pankow/Weißensee als ständiger Vertreter der Amtsleiterin. Überraschend kurzfristig wechselte ich im August 2020 zur Senatsfinanzverwaltung als Koordinator, insbesondere für den Bereich Aus- und Fortbildung (ohne Finanzschule).

DSTG Jugend: Wie kam es, dass Sie sich für das Thema „Ausbildung“ interessieren?

F.G.: Für Aus- und Fortbildungsfragen habe ich mich schon in meinen ersten Dienstjahren interessiert. Ausbildung ist eine wichtige Aufgabe und stellt alle Beteiligten auch aufgrund der hohen altersbedingten Abgänge vor erhebliche Herausforderungen, vor allem die Kolleginnen und Kollegen in den Finanzämtern. Umso mehr möchte ich mich daran beteiligen, dass die Finanzverwaltung in Berlin auch zukünftig arbeitsfähig bleibt und ihre Aufgaben weiterhin auf hohem Niveau erledigen kann.

DSTG Jugend: Die Corona-Pandemie beschäftigt uns bereits seit einem Jahr. Leider mussten wir feststellen, dass Berlin – im Vergleich zu anderen Bundesländern und der freien Wirtschaft – die digitale Ausbildung, für unseren Geschmack, noch nicht weit genug vorangetrieben hat. Erst jetzt beginnen in einigen Jahrgängen Videokonferenzen. Wieso konnte die digitale Lehre bisher nicht weiter intensiviert werden, um den Anwärter*innen Lernen aus der Ferne einfacher zu machen?

F.G.: Die Ausbildung wird bundeseinheitlich über das Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz und die Steuerbeamten-Ausbildungs- und Prüfungsordnung geregelt. Grundsatz der Lehre war und ist der Präsenzunterricht. Die Pandemie erreichte uns überraschend und nicht planbar. Seit meinem Tätigkeitsbeginn konnte ich beobachten, dass sowohl die Fachhochschule als auch die Landesfinanzschule mit ihren Dozentinnen und Dozenten alles Mögliche veranlasst haben, um sich für diese Umstände zu wappnen.

DSTG Jugend: Nach unseren Informationen wird die ZSU nun in allen Ämtern in Präsenz unterrichtet. Gibt es hier die Möglichkeit die Ausbildung künftig mit Erklärvideos, Aufgabenpaketen und Bootsticks ins Homeoffice zu verlagern?

F.G.: Die technischen und finanziellen Voraussetzungen für die Umsetzung, insbesondere die AAG über Bootsticks ins Homeoffice zu verlagern, liegen nicht vor. Die Finanzschule ist mit dem Automationsreferat in konstruktiven Gesprächen. Alle weiteren Maßnahmen sind abhängig von deren Finanzierbarkeit und von den personellen Ressourcen der Finanzämter und der Finanzschule.

DSTG Jugend: Gibt es zu dem bisherigen Multiplikatorenkonzept bereits Evaluationen von Seiten der Anwärter*innen bzw. von Seiten der Multiplikatoren?

F.G.: Die Koordinatorin der Finanzschule, Frau Simmroß, teilte mir mit, dass eine Evaluation des Multiplikatorenmodells fortlaufend stattfindet. Die Multiplizierenden und die Anwärterinnen und Anwärter können Feedbackbögen abgeben. Außerdem findet ein regelmäßiger Austausch mit Vertretern der Multiplizierenden, der Ausbildungsleitungen und den Skripterstellenden sowie der Finanzschule in der AG AAG statt. In den letzten Monaten wurde darüber hinaus vermehrt der telefonische Kontakt zu den Multiplizierenden gepflegt. Die aus den Rückmeldungen gewonnenen Erfahrungen werden dann umgesetzt. Zeitnah erfolgt daher auch die Anpassung des Runderlasses-Org-Nr. 429: Einführung eines Multiplikatorenmodells.

DSTG Jugend: Die Ausbildung obliegt derzeit den einzelnen Ämtern, wobei die Amtsleitungen den Einsatz der Anwärter*innen nach den Gegebenheiten in den Ämtern festlegen. Gerade die Ausbildung auf den Ausbildungsplätzen ist daher, nach unseren Informationen, sehr eingeschränkt. Der „erste“ praktische Einsatz ist jedoch unerlässlich für eine komplexe Ausbildung. Besteht die Möglichkeit die Anwärter*innen durch Schulungen im Homeoffice mit Erklärvideos, der ZSU, Bootsticks und erstellten Aufgaben gleichmäßig auszubilden?

F.G.: Zu den technischen und personellen Ressourcen der elektronischen Unterstützung der praktischen Ausbildung habe ich bereits Stellung bezogen. Ich identifiziere mich mit dem Konzept, die praktische Ausbildung nach den Möglichkeiten der einzelnen Finanzämter zu gestalten. Zentrale Regelungen sollten vermieden werden. Denn diese führen letztlich nur zur Umsetzung des kleinsten gemeinsamen Nenners. Im Anschluss an die Prüfung ist ggfs. individuell ein Fortbildungsbedarf der Beschäftigten je nach ihrem Einsatz zu ermitteln, sodass während der Ausbildung entstandene Lücken geschlossen werden können. Insgesamt müssen alle Kolleginnen und Kollegen auch zusammen mit den Führungskräften gemeinsam dafür Sorge tragen, dass sich die Zusammenarbeit und die Arbeitskultur den Gegebenheiten der aktuellen und zukünftig vergangenen Pandemiesituation anpasst: Niemand darf – bezogen auf seine Lebensarbeitszeit – Nachteile daraus erfahren, dass er während dieser Ausnahmezeit ausgebildet worden ist.

DSTG Jugend: Die Bewerbendenzahlen für die Ausbildung in der Berliner Finanzverwaltung sind seit mehreren Jahren auf einem niedrigen Niveau, sodass teilweise nicht alle Ausbildungs- und Studienplätze besetzt werden konnten. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Bewerbendenzahlen zu erhöhen?

F.G.: Bei der Personalgewinnung sind wir nicht nur auf traditionellen Pfaden wie Messen und Plakataktionen unterwegs. Wir nutzen zunehmend auch digitale Medien und Plattformen: Aktuell sind wir bei Facebook und Instagram vertreten – für die Einstellungen in diesem Jahr haben wir auch auf Spotify einen Werbespot ausgespielt. Hier ist ein Ausbau notwendig. Gleichzeitig überlegen wir, die Kampagne „Die Unbestechlichen“ zu überarbeiten. Leider sind derartige Werbeaktionen auch immer mit hohen Kosten verbunden. Zusätzlich versprechen wir uns eine Erhöhung der Zahl der Bewerbenden durch die gesetzlich erfolgte Anhebung des Einstiegsalters.

DSTG Jugend: Gibt es Überlegungen hinsichtlich alternativer Einstellungskonzepte für E2022, sollte Corona noch lange andauern?

F.G.: Unser Vorgehen mussten wir bereits mit der Einstellung für 2021 verändern. Mit den Gesamtgremien wurde eine Übereinkunft erzielt, für den Einstellungsjahrgang 2021 auf Einstellungsinterviews zu verzichten. Eine Ausrichtung des Einstellungsverfahrens zukünftiger Jahre auf die Anforderungen dieser Zeit ist erforderlich und wird noch in diesem Jahr zu einem Austausch mit der Abteilung Landespersonal führen. Die Gremien werden dann zur Bewertung der Ergebnisse einbezogen.

DSTG Jugend: Die bisherige Einstellungspraxis sieht eine Übernahme ins Beamtenverhältnis auf Probe bei erfolgreicher Ausbildung nur vor, wenn die Ausbildung/ das Studium mit der Note befriedigend abgeschlossen wurde. Als DSTG Jugend Berlin vertreten wir die Auffassung, dass dies nicht zielführend ist und ebenfalls ein Verstoß gegen en Senatsbeschluss vom 03.07.2018 darstellt. Wie stehen Sie zu diesem Thema? Warum wird die Einstellungspraxis bei der aktuellen Personallage beibehalten und nicht alle Anwärter*innen nach bestandener Laufbahnprüfung als Beamte*innen eingestellt? Aufgrund der aktuellen Pandemielage erfolgt eine Verbeamtung in anderen Bundesländern, wie z.B. Brandenburg, schon ab 6 Punkten. Gibt es ähnliche Überlegungen in Berlin?

F.G.: Diese Fragestellung wird von der Politik bzw. der Hausleitung entschieden. Die Steuerabteilung überprüft die Rahmenbedingungen und Erfordernisse für die Steuerverwaltung regelmäßig und informiert darüber die Hausleitung.

DSTG Jugend: Gibt es Planungen für Berliner Anwärter*innen ein Trennungsgeld einzuführen? Wenn nein, warum nicht? Aktuell haben viele Anwärter*innen bereits eine Erstausbildung und führen einen eigenen Hausstand. Die Möglichkeit durch Trennungsgeld eine Unterbringung in Königs-Wusterhausen zu finanzieren, könnte zum einen die Leistungen verbessern und zum anderen auch Bewerber ansprechen.

F.G.: Die Gewährung von Trennungsgeld richtet sich auch für die Anwärterinnen und Anwärter nach dem Landesbeamtengesetz (§ 77 Abs. 6). Es erklärt die Vorschriften nach dem Bundesreisekostengesetz für nicht anwendbar, wenn Landkreise, die an das Land Berlin angrenzen, betroffen sind. Da die Steuerverwaltung mit ihren Anwärterinnen und Anwärtern aber nicht allein unter diese Regelung fällt, wäre eine Anpassung im Gesamtumfeld der Berliner Beamtinnen und Beamten mit erheblichen Kosten verbunden. Ein Anlauf der Steuerabteilung, hier zu Änderungen zu kommen, ist aktuell nicht beabsichtigt.

DSTG Jugend: Wie läuft die Planung eines Baus einer Unterkunft in KW? Warum verzögert sich der Prozess derart lange?

F.G.: Auch diese Problematik wird auf politischer Ebene entschieden. Dabei spielen vor allem Aspekte wie Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle. Auch Fragen der Kooperation mit dem Land Brandenburg sind von Bedeutung. Dies führt zwangsläufig dazu, dass der Prozess schon in der Entscheidungsfindung erhebliche Zeit beansprucht.